1:1 Betreuung während der Geburt: Studienergebnisse

Es gibt bereits Forschungsarbeiten, die nahe legen, dass sich eine 1:1 Betreuung während der Geburt positiv auf den Geburtsverlauf auswirkt (Sandall et al., 2013). Auch die Ergebnisse unserer Längsschnittstudie Mindset, Partnerschaft und Geburt weisen darauf hin: Frauen mit 1:1 Betreuung durch eine freiberuflich arbeitende Hebamme (zuhause, im Geburtshaus oder in der Klinik) hatten eher eine natürliche Geburt, also eine Geburt ohne PDA, Wehen verstärkende Mittel oder Dammschnitt sowie kein/e vaginal assistierte Geburt oder Kaiserschnitt (definiert nach: Werkmeister et al., 2008). Die 1:1 Betreuung hatte auch dann noch einen positiven Einfluss auf den Geburtsverlauf, wenn für das medizinische Risiko und das geburtsbezogene Mindset statistisch kontrolliert wurde. Darüber hinaus konnte unsere Studie zeigen, dass eine 1:1 Betreuung zu einem positiveren Geburtserleben führte – unabhängig davon, ob die Frauen natürlich geboren haben oder ob sie ein medizinisches Risiko vor der Geburt hatten. 

Kurz zusammengefasst: eine 1:1 Betreuung wirkte sich also sowohl positiv auf den Geburtsverlauf als auch auf das Geburtserleben aus. Psychologisch betrachtet nicht sehr verwunderlich. Der Ruf danach, die 1:1 Betreuung unter Geburt zu fördern ist längst laut. Aber so richtig erhört wird er nicht. Auf empirischer Basis argumentierend, kann man sich ihm jedoch nur anschließen.

[Die dargestellten Inhalte beziehen sich auf Ergebnisse der Studie Mindset, Partnerschaft und Geburt.]

Referenzen: 

Sandall, J., Soltani, H., Gates, S., Shennan, A., & Devane, D. (2013). Midwife-led continuity models versus other models of care for childbearing women (Review). The Cochrane Library, 8.

Werkmeister G, Jokinen M, Mahmood T, & Newborne M. (2008). Making normal labour and birth a reality – developing a multi disciplinary consensus. Midwifery, 24, 256–259.

Geburtsschmerz

Fragen wir Menschen, was sie mit dem Thema Geburt verbinden, so wird wahrscheinlich in ziemlich vielen Fällen die Antwort Schmerz gegeben. Schmerz und Geburt; das gehört irgendwie zusammen. Dann wiederum gibt es Frauen, die sagen sie hätten keinen Geburtsschmerz empfunden, und neulich erst habe ich gelesen Geburtsschmerzen seien eigentlich unnatürlich.

In unserer Studie lag der Mittelwert des empfundenen Schmerzes auf einer Skala von 1-10 bei 7.4. Dabei haben 2.8 % angegeben, die Geburt wäre für sie gar nicht schmerzhaft gewesen (Wert 1) und 11.9 % die Geburt wäre unerträglich schmerzhaft gewesen (Wert 10 ). Der am häufigsten vorkommende Wert (30.9 %) lag bei 8. Diese Zahlen legen nahe, dass die Mehrzahl der Frauen Geburt durchaus als schmerzhaft empfindet.

Der empfundene Schmerz korrelierte allerdings nicht mit dem Mindset und auch nicht mit außerklinischen Geburtsorten. Er hing also nicht damit zusammen wie natürlich Frauen Geburt wahrnahmen und / oder ob sie in einer eher natürlichen Umgebung geboren haben. Und es wird noch interessanter: Das Schmerzerleben korrelierte lediglich sehr schwach mit der Bewertung des Geburtserlebnisses einige Tage nach der Geburt, acht Wochen nach der Geburt korrelierte das Geburtserlebnis nicht mehr mit dem empfundenen Schmerz.

Es scheint mir wenig förderlich zu vermitteln, dass Geburt eigentlich gar nicht weh tut und wenn, dann macht die Frau oder die Umgebung irgendetwas falsch, dann ist irgendetwas „unnatürlich“. Bekanntlich sind Schmerzen sehr individuell – ebenso wie auch Menstruationsschmerzen unterschiedlich stark ausgeprägt sind, sind es auch Schmerzen unter Geburt. Und vielleicht wäre es sinnvoller, diese Individualität anzuerkennen. Vielleicht sollten wir jungen Frauen vermitteln: Ja, den allermeisten Frauen tut gebären weh – manchmal mehr als man zu ertragen glaubt. Aber die Daten zeigen eben auch: Geburt ist mehr als der Schmerz. Denn die Schmerzen haben nicht viel damit zu tun, wie schön oder wenig schön das Erlebnis wird. Der Schmerz ist da, er gehört für die meisten Frauen dazu, aber er ist nicht der Gegenspieler einer Geburt und ihn als Teil anzunehmen ist ein wichtiger Schritt, um mit ihm zu arbeiten und nicht gegen ihn.

[Die dargestellten Inhalte beziehen sich auf Ergebnisse der Studie Mindset, Partnerschaft und Geburt.]